Liebe Freunde, Bekannte und Wegbegleiter,
endlich komme ich wieder dazu, Dir zu schreiben. Die langen dunklen Tage vor Weihnachten haben mich wieder tiefer in meine eigene Dunkelheit blicken lassen. Dort fand ich alten Zorn. Längst vergessen schien er mir. Vergraben und verborgen unter Ängsten und der Konditionierung immer verständnisvoll zu sein.
Alle Wesen haben gute Gründe für ihr Verhalten. Auch für ihre Fehltritte. Diese Gründe zu verstehen und Mitgefühl zu haben, war mir stets ein großes Anliegen. So ist es noch immer. Zugleich fand ich in meiner persönlichen Dunkelkammer des Grolls einen lang gesuchten Schatz: Die Kraft meines NEIN. Denn alles Verständnis für das Leid der Täter darf uns nicht dazu verführen, Missetaten zu dulden.
Wie so oft hat mir meine Lehrmeisterin Stella zu diesem Durchbruch verholfen. Wie es für Pferde üblich ist, hat mein Mädchen mit Einbruch der Kälte und der längeren Boxenruhe in der Nacht einen Energieschub erhalten. Sie begann, ihre Meinung unmissverständlich und mit Nachdruck kund zu tun, was unsere Interaktionen für mich schwierig und teilweise riskant werden ließ.
Eines Abends ging ich wieder mit der Geduld und Ausdauer einer ‚Heiligen‘ mit ihr um. Doch mein Mädchen fand, wenn ich nicht im Stande bin, klar für das, was ich will einzutreten, habe ich ihr auch nichts zu sagen. Und sie entschied, diesem lästigen Menschen einen Tritt anzudrohen. Mit einem Mal war meine Langmut verflogen. Ich stellte mich geschwind an ihre Seite und echte Empörung sprach aus mir. Auf einmal war ich groß und fühlte mich eindeutig stark. Ich wusste, meine Grenze war erreicht. Etwas lauter sagte ich zu ihr, „und was soll das jetzt gewesen sein?!“ Mit einem Mal stand sie brav und ruhig, ihre Augen und Lippen entspannt, und ließ mich gewähren.
Ich wälzte dieses Ereignis in mir und stellte fest, dass höfliches Bitten, Geduld und Sanftmut alle ihren Platz haben. Doch wenn darunter eine Forderung liegt, darf ich ohne Zweifel dazu stehen. Respektvoll bitten, geduldig dem Gegenüber seine Zeit geben, um zu reagieren und sanfte Handhabung sind wichtige Umgangsformen. Mein hoher Anspruch, die Bedürfnisse anderer zu respektieren hat jedoch dazu geführt, dass ich meine eigenen Wünsche und Ziele in Frage stellte. Meine Bereitschaft, mein Vorhaben fallen zu lassen und mich zurück zu ziehen, wirkte als Unsicherheit. Und wenn ich nicht weiß, was ich will, brauche ich nicht zornig mit anderen zu sein, die ohne Zweifel sind und sich frei für ihre Anliegen einsetzen.
Nichts Anderes tut mein Pferd. Und nichts Anderes tun wir Menschen! Wer sich sicher ist, handelt und nimmt sich den zur Verfügung stehenden Raum, um seine Vorhaben umzusetzen. Wer im Zweifel ist, zögert und weicht und überlässt damit seinen Raum anderen. Will ich Raum für mich (meine Ruhe oder Aktionsradius), darf und muss ich diesen Raum einnehmen und verteidigen. Und gerade hier, beim Verteidigen meines Raumes, wurzelte mein Zweifel.
‚Darf ich das?‘
Um meinen Zweifel zu überwinden suchte ich nach Strategien, die mir helfen sollten, mir meiner Sache sicher zu werden. Doch keine Strategie der Welt, kann den Konflikt in so einem Zweifel ausräumen, deshalb funktionieren sie auch nicht oder nur eingeschränkt.
Es gibt nur ein klares NEIN zu dem Versuch anderer, meinen Raum in Anspruch zu nehmen. Der Wundervolle Schatz, der sich mir auftat war, dass ich es FÜHLEN konnte!
Und jetzt, wo ich mein NEIN wirklich spüren kann, eröffnet sich für mich eine ganz neue Freiheit. Jedes Mal, wo ich die Kraft meines NEIN jetzt ohne Zweifel einsetze, verringert sich der alte Zorn aus Zeiten, wo ich mich nicht wehren konnte. Jedes NEIN zu meinem Schutze ist auch ein Schutz für das hilflose Kind von einst…. Und ein JA zu ihren Rechten, ihrem Wert und ihrer Verletzlichkeit.
Und so offenbart sich mir der zweite Schatz, den ich aus den Schatten hob: Mein klares JA.
Denn ohne ein klares NEIN kann auch kein klares JA entstehen. JA zu meinem Raum, zu meinen Bedürfnissen, Wünschen und Grenzen. Und nicht zuletzt auch ein klares JA, wenn ich Zugeständnisse mache und auf die Bedürfnisse anderer eingehe.
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