Liebe Freunde, Bekannte und Wegbegleiter,
wie ich in meinem letzten Brief geschrieben habe, beginnt der Heldenweg mutig. Das muss so sein, denn wie sonst sollten wir jemals neue Schritte wagen?
Neue Wege beschreiten. Das klingt aufregend … und bedrohlich. Es klingt nach Abenteuer und Erfüllung … und nach Verlust und Ängsten.
Doch was verlieren wir, wenn wir uns auf neue Aufgaben und Erfahrungen einlassen?
Wir verlieren einige Gewohnheiten, die uns das Gefühl von Sicherheit gaben. Wahrscheinlich verlieren wir auch die eine oder andere alte Einschränkung. Vor allem einschränkende Gedankenmuster. Vielleicht ziehen sich auch Menschen aus unserem Leben zurück, die wir für Freunde hielten. Wir fühlen Bedauern, Trauer, Verunsicherung.
Zugleich entdecken wir neue Potentiale und Handlungsspielräume in uns. Wir gewinnen an Selbstausdruck und Zufriedenheit. Wir erfahren uns selbst neu. Erleben, wie unser veränderter Blickwinkel die Welt um uns herum in einem anderen Licht erscheinen lässt. Finden Vertrauen in neue Begegnungen… sie sind die Samen künftiger Freundschaften.
Doch um das zu erleben bedarf es unserer Bereitschaft, unsere Komfort-Zone zu verlassen.
Sich einlassen, ohne den Weg voraussehen zu können. Etwas Anderes bleibt uns allen letzten Endes gar nicht übrig. Wir alle sind auf diesem Weg. Keiner von uns weiß im Voraus, was das Leben für ihn oder sie bereithält. Wir können planen, uns vermeintliche Sicherheiten schaffen. Doch den Weg kennen wir nicht. Zudem wissen die wenigsten von uns, wohin wir gehen und welchem Zweck der Weg dient. Das macht es nicht leichter.
Sich einlassen bedeutet, den Weg ganz zu gehen. Viele Menschen probieren verschiedene Dinge aus. Sie interessieren sich für alternative Heilmethoden, für ein Hobby, für seelisches Wachstum oder auch einen Menschen. Sie probieren – ganz im Sinne der Konsumgesellschaft – mal diese oder jene Methode aus. Doch da die Früchte und der schnelle Erfolg auf sich warten lassen, ziehen sie suchend weiter. Schnuppern mal hier, mal da und bleiben dabei stets in ihrem vertrauten Rahmen. Sie hoffen, am Wegesrand oder im Garten das Neue zu finden.
Das Neue erfahren wir allerdings nur, wenn wir weiter gehen. Ein paar Schritte. Kleine Schritte vielleicht. Doch eben Schritte ins Ungewohnte. Schritte, die über den gut ausgetretenen bisherigen Pfad und über den eigenen Gartenzaun hinaus führen.
Es ist die Furcht vor Veränderung, die uns hemmt. Die Furcht, keine Ruhe mehr zu finden. Das Nest, die Gemütlichkeit, die sinnliche Bequemlichkeit zu verlieren. Die Furcht, dass es nach einigen Schritten auf dem neuen Weg kein Zurück mehr gibt.
Doch es gibt ohnehin kein Zurück. Niemals. Und gehen wir diese neuen Wege nicht, gibt es keine neuen Erfahrungen und keine wirkliche Veränderung.
Die Krankheiten werden nicht geheilt, die Probleme nicht gelöst, die Sehnsucht nach Erfüllung nicht gestillt.
Wir ahnen das. Und zugleich … aus Angst, uns zu verirren, beschreiten wir die neuen Wege lieber gar nicht.
Die zweite Etappe des Heldenwegs beinhaltet das Loslassen. Die Bereitschaft, den gewählten Weg zu beschreiten und sich den Herausforderungen zu stellen. Wir lernen, darauf zu vertrauen, dass wir wachsen, bereichert werden und ans „Ziel“ kommen werden.
Dann wird es nicht nur eine Seelenbilder Reise sein, die wir wagen, um zu sehen wie das ist. Dann werden wir 12 oder 20 Seelenbilder Reisen wagen, um unsere Muster und Schätze tatsächlich zu erkennen.
Wir hoffen dann nicht mehr, dass eine Heilbehandlung uns genesen lässt, sondern nehmen den Weg der Gesundung als Wachstumsprozess, als Weg zu uns selbst an.
Wahrscheinlich bedeutet das dann, umzulernen. Gewohnheiten zu ändern und achtsamer mit uns selbst und anderen umzugehen. In jedem Fall wird es unser Leben tiefer und reicher machen. Wir lernen Dinge über uns und das Leben im Allgemeinen, die uns einem tieferen Verständnis und somit dem Einverstanden-Sein näher bringen. Schmerzhafte Konflikte lösen sich langsam auf und wir werden freier und damit auch zufriedener.
Dazu brauchen wir nicht aufzugeben, was wir uns geschaffen haben. Nur manchmal hat das, was wir uns geschaffen haben, seine ursprüngliche Bedeutung für uns verloren. Oder wir messen ihm eine Bedeutung zu, die es offensichtlich nicht (mehr) hat.
Das komfortabelste Leben kann zu einem (wenn auch angenehmen) Gefängnis werden. Und obwohl wir alles haben, sind wir dennoch selten froh … schelten uns dafür … fragen uns, warum?
An dieser Stelle können wir unsere Erwartungen und Ansprüche an unsere Umwelt hochfahren. Die Ursache unseres unerfüllt seins im Außen suchen…. also projizieren. Oder wir können nach innen sehen. Aus unserem Reichtum schöpfen und uns fragen, was uns wirklich fehlt. Welche Veränderung will im inneren vollzogen werden?
Wir wissen: das beste und liebste Kleidungsstück wird uns irgendwann einmal nicht mehr passen. Es ist verschlissen, wir haben uns verändert, es passt nicht mehr in die Zeit, … es hat ausgedient. Dann wird es Zeit, etwas Passenderes zu finden. Etwas, das nicht nur eine Saison mit uns überdauern soll. Sondern etwas, das uns heute entspricht und Teil unserer Garderobe werden kann. Gehegt, geliebt und gepflegt.
Wir können achten, was wir uns geschaffen haben. Denn es hat uns dorthin gebracht, wo wir jetzt sind. Wir können die Bindung an das Alte loslassen und gut ausgestattet uns im Neuen voran bewegen.
Alles ist gut … und der Weg geht weiter.