Sie wissen, dass ein Heilpraktiker mit anderen Methoden und Mitteln arbeitet, als ein Arzt.
Aber was tut ein Heilpraktiker eigentlich? Ist jeder Heilpraktiker ein Homöopath? Was ist der Unterschied? Sind Heilpraktiker nicht so Esoteriker? So mit Energie und ein bisschen wie Voodoo und es hilft eigentlich nur, wenn man dran glaubt… oder nicht?
So oder so ähnlich klingen die Fragen, die mir gestellt werden. Die Medien verbreiten ein durchwachsen suspektes Bild von unserem Berufsstand. Ich verstehe beim Lesen mancher Beiträge das flaue Gefühl der Skepsis im Magen sehr gut.
Genau genommen hat sich die Medizin aus der Naturheilkunde entwickelt.
Vielleicht erinnern Sie sich noch daran, dass Sie sich früher einmal beim Hausarzt bis auf die Unterhose ausziehen mussten. Sie wurden abgeklopft, abgehört, betrachtet, Zunge, Rachen und Atem beurteilt, Sie sollten ein paar Bewegungen machen… erinnern Sie sich? Der Arzt achtete auf den Klang Ihrer Stimme, auf die Strahlkraft Ihrer Augen… er untersuchte Sie als Mensch. Und oft gab es dann Tipps zur Ernährung, zur Lebensführung und wenn gar nicht anders möglich, ein möglichst leichtes Medikament.
Wohl dem, der heute noch so einen Arzt hat!
Diese Leistung wird von den Krankenkassen nicht mehr bezahlt
Deshalb mussten sich Ärzte verändern. Heilpraktiker gehen heute noch immer so vor, wie der gute alte Arzt. Wir nehmen uns für Sie Zeit, Sie angemessen zu untersuchen und kennen zu lernen. Nur so kann ich verstehen, wie Sie zu Ihren Problemen gekommen sind und was Ihnen helfen kann.
In der Naturheilkunde nutze ich natürlich vorkommende Substanzen und beschäftige mich mit der Weisheit der Verabreichung. Wann braucht der Patient welches Mittel in welcher Darreichungsform in welcher Dosierung und für wie lange?
Die Medizin tut das auch, doch sie isoliert natürliche Wirkstoffe und baut sie chemisch nach, fügt sie Trägersubstanzen ein und bingt sie in Tablettenform etc.. Isolierte und vor allem chemisch nachgebaute Substanzen kann der Körper jedoch nicht so gut verwerten.
Die Dinge sind eben doch mehr als die Summe ihrer Teile.
Sicherlich habe Sie davon gehört, dass Vitamine und Mineralien am besten in ihrer Urform verwertet werden können. Z. B. nämlich als Orange oder Salze.
Die Grundausbildung des Heilpraktikers
Nur wenige Menschen wissen, dass wir Heilpraktiker eine fundierte medizinische Grundausbildung absolvieren müssen, um unsere ‚Erlaubnis zur Ausübung der Heilkunde‘ zu erlangen. Hier möchte ich erzählen, was ein Heilpraktiker verstanden haben muss, um die schriftliche und mündliche Prüfung vor Gesundheitsamt und Amtsarzt zu bestehen. Wie diese Überprüfung des Wissens und der Eignung abläuft, erzähle ich anschließend.
Anatomie: der natürliche Aufbau des Menschen von der Zelle über Blutgefäße, Lymphe, Organe, Muskeln, Knochen, Nerven… eben alles was dazu gehört.
Physiologie: die Funktion aller Körperteile und Organsysteme im Gesunden
Zellen, Stoffwechsel, Ernährung, Immunologie, Hormone, alle Organe und ihr Zusammenspiel, Nerven, Blutversorgung, Gehirn, Haut, Schwangerschaft, Geburt, Altern, Kindesentwicklung
Pathophysiologie: Die Krankheiten der Organe und Organsysteme
Ursachen, gängige schulmedizinische Behandlung und Arzneimittel (inkl. deren Wirkung u. Folgen)
Weiter: Grundwissen Psychologie/Psychiatrie, Notfallmedizin, Laborwerte, Gesetzeskunde, Hygiene, Injektionen/Infusionen/Blutabnahme (wird praktisch unter Anleitung von Notärzten geübt), INFEKTIONSKRANKHEITEN, Berufsethos
Therapiemethoden (zum Beispiel Homöopathie) und Naturheilkunde darf jeder Heilpraktiker sich zusätzlich aneignen, wie es seinen Neigungen und Interessen entspricht.
Die Überprüfung des Fachwissens
Zweimal im Jahr haben Heilpraktikeranwärter die Möglichkeit an der Prüfung teilzunehmen.
Geprüft wird das gesamte Wissen aus allen Bereichen. Wer die schriftliche Multiple Choice Überprüfung bestanden hat, wird zur mündlichen Überprüfung zugelassen.
Zu meiner Zeit hatte die Prüfung bestanden, wer weniger als 7 Falschantworten gegeben hatte. Der Fragenkatalog war schier endlos (soweit ich mich erinnere 80 MC Fragen) und so gestaltet, dass sowohl die Fragestellung als auch die einzelnen und die kombinierten Antwortmöglichkeiten ein zweifelsfreies Wissen voraussetzten.
Es ist ein offenes Geheimnis, dass schon während der Ausbildung zum HP zwischen 30 und 50 Prozent der Teilnehmer das Studium abbrechen. Und nur die Hälfte derer, die die Ausbildung abschließen, melden sich tatsächlich zur Prüfung an.
Die mündliche Überprüfung testet nicht nur unser Fachwissen, sondern vielmehr die Eignung des Heilpraktikeranwärters. Wir sollen hier zeigen, dass wir VERANTWORTUNGSVOLL mit unserem Wissen umgehen. Wir sollen zeigen, dass wir den NOTFALL ERKENNEN, unsere GRENZEN WAHREN, und – so steht es geschrieben – keine Gefahr für die Volksgesundheit sind. Geprüft werden wir vom Amtsarzt inklusive zwei Beisitzern aus Heilberufen in Form von Fallbeispielen.